«Ich wurde von einer Schlange gebissen», Teil II

War es eine giftige Schlange?

Kreuzotter (Vipera berus) Foto: Andreas Meyer/info fauna karch


Das Wichtigste aus Teil I: Was tun nach einem Schlangenbiss?
Kreuzotter (Vipera berus) Foto: Andreas Meyer/info fauna karch


Schlangen sind äusserst scheu, sie beissen den Menschen nur in Notwehr. Giftschlangenbisse sind in der Schweiz sehr selten. Nach einem Schlangenbiss ist es besonders wichtig, Ruhe zu bewahren und nicht in Panik zu geraten. Suchen Sie das nächste Spital auf. Dank der heutigen medizinischen Versorgung sind Schlangenbisse gut behandelbar. Hier nachlesen. 


Beim Anblick oder gar nach einem Biss einer Schlange stellt sich meist unmittelbar die Frage, ob es sich um eine Giftschlange handeln könnte. Wichtige Hinweise dazu liefern die Bissspuren und der Ort des Geschehens.

Erkennungsmerkmale von einheimischen Schlangen

In der Schweiz gibt es zwei einheimische Giftschlangenarten, welche beide zu den Vipern gehören: die Aspisviper (Vipera aspis) und die Kreuzotter (Vipera berus). Alle anderen in der einheimischen Natur vorkommenden Schlangen sind ungiftige Nattern oder gar keine Schlangen, wie die völlig harmlosen Blindschleichen (eine Echsenart), die oft mit Schlangen verwechselt werden. Wie die einheimischen Vipern können auch einige der Nattern den Menschen in Notwehr beissen. 


Bildnachweis: Oliver Lüde, Winterthur

Die obere Grafik zeigt einige der typischen Unterscheidungsmerkmale ungiftiger Nattern und giftiger europäischer Vipern: Kopfform, Augen, Schilde (Schuppen), Zähne und Bissspuren. 

Typische Bissspur

In der Praxis sind nach einem Schlangenbiss vor allem die Bissspuren wichtig, da die Wunde nach einem beobachteten Schlangenbiss zunächst das Einzige ist, was von der Begegnung mit der Schlange zurückbleibt. Schlangen injizieren ihr Gift über ihre Giftzähne. Diese hinterlassen bei beiden Vipernarten meistens eine typische Wunde in Form von zwei Bissstellen auf der Haut. Diese sind klein, rund, gerötet und haben einen Abstand von ca. 1 cm (bei Jungtieren auch weniger). Wie in Teil I beschrieben, kann es sich um einen trockenen, relativ harmlosen Biss handeln oder es entwickeln sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und Heftigkeit Symptome. 

Eine Zuordnung der Schlange nach den anderen Unterscheidungsmerkmalen sollte sich vor allem auf die Beobachtung im Terrarium oder auf die Betrachtung von Bildern beschränken. Die heutige Technik mit Zoomfunktion der Mobiltelefone ermöglicht es, das Tier aus sicherer Entfernung zu fotografieren und nicht zu stören. Eine Schlange für ein Foto (auch zur Bestimmung) zu jagen, zu bedrängen oder gar zu töten, ist weder sinnvoll noch ratsam, sondern gefährlich und zudem verboten. Bei jedem Schlangenbiss ist ein Arztbesuch nötig. Und für die Therapie im Spital ist es nicht wichtig, ob es sich um eine Aspisviper oder eine Kreuzotter handelt. Dies gilt auch für den allenfalls notwendigen Einsatz von Antivenin (Gegengift).

Natrix helvetica (Barrenringelnatter) Foto: Andreas Meyer/info fauna karch

Verbreitungsgebiet der einheimischen Giftschlangen

Ein sehr wichtiger Hinweis darauf, ob es sich um eine Giftschlange handelt oder nicht, ergibt sich aus dem Verbreitungsgebiet der einheimischen Giftschlangen, ihrem Lebensraum und ihrer Lebensweise.

Verbreitung Giftschlangen in der Schweiz 2020. Bildnachweis: Andreas Meyer/info fauna karch

Wacht jemand in der Stadt Zürich mit zwei roten, juckenden Punkten am Bein auf mit dem verdächtigen Abstand von einem Zentimeter, war da sicherlich keine Giftschlange im Bett. Auch dann nicht, wenn am Tag zuvor in einem Gartenteich etwas Schlangenähnliches gesichtet wurde. Die Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch) verfügt über recht genaue Kenntnisse zur Verbreitung der Giftschlangen. Diese sind vor allem an sonnigen Hanglagen im Jura und in den Alpen zu finden. Gemäss Andreas Meyer, wissenschaftlichem Mitarbeiter von info fauna karch, ist das Verbreitungsgebiet der beiden Giftschlangenarten auf der oberen Karte eher grosszügig eingezeichnet.

Foto: Andreas Meyer/info fauna karch

Eine zufällige Sichtung einer der beiden giftigen Schlangen wäre z.B. in einer solchen Steinmauer bei einer Wanderung in den Alpen möglich – wenn auch ein seltenes Ereignis.  

Weitere Informationen

Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch):
karch.ch oder www.infofauna.ch

Aspisviper (Vipera aspis) Foto: Andreas Meyer/info fauna karch


Bei der Beratungsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz karch finden Sie verschiedene Steckbriefe, u.a. zu den einheimischen Giftschlangen Aspisviper und Kreuzotter, viele weiterführende Informationen und nützliche Artikel wie «Schlange im Garten – was tun?» oder den Umgang mit Schlangenphobie «Angst vor Schlangen? Ich doch nicht».


Haben Sie Fragen zum Vorkommen einheimischer Giftschlangen oder zu einer möglichen Sichtung? 

Beratungsstelle Reptilien (karch):
E-mail: contact@infofauna.ch
Telefon: +41 32 560 31 10 (Sekretariat 9 – 11.30 Uhr und 14 – 16 Uhr)






Juli 2024