Rote Beeren, schwarze Beeren: Wann ist naschen erlaubt, wann ist es gefährlich?

Eine Handvoll Beeren
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Roten Beeren: magische Anziehung auf Kleinkinder


Sind das wirklich alles Süssigkeiten?
Süssigkeiten? Foto: ejp

Zweifelsohne schmecken die reifen roten Erdbeeren, Johannisbeeren und Himbeeren selber gepflückt besonders gut. Wie aber handeln, wenn das Kind Beeren vom unbekannten Strauch der Nachbar:innen nascht oder eine Beere auf dem Spielplatz findet und isst? Wann drohen gefährliche Symptome und wann muss man nichts tun? 


Selbst bei giftigen roten Beeren: in kleinen Mengen keine grosse Vergiftungsgefahr


Die Liste der in der Schweiz einheimischen Pflanzen mit roten (Schein-)Beeren ist lang. Einige Beeren sind essbar, andere ungeniessbar bis giftig. Die Erfahrung von Tox Info Suisse hat jedoch gezeigt, dass bei Unfällen mit einheimischen roten Beeren normalerweise keine grosse Gefahr für KIeinkinder besteht. 

Dies bestätigt auch die aktuelle Literatur und entspricht den Erfahrungen anderer europäischer Giftinformationszentren. Die meisten roten Beeren sind nur schwach giftig, schmecken nicht oder brennen im Mund so stark, dass kein Kind freiwillig mehrere Beeren kostet.

Eine Pflanzenidentifikation respektive der genaue lateinische Pflanzenname ist nicht dringend nötig. Für Eltern von potenziellen Wiederholungstätern (also allen Kleinkindern) ist es aber trotzdem sinnvoll, sich mit den Pflanzen der nahen Umgebung und ihrer Giftigkeit vertraut zu machen.

Beeren aus der Sicht von Kinderaugen: Schlaraffenland!
Foto: ejp


5-rote-Beeren-Regel:

Die Einnahme von bis zu 5 einheimischen roten Beeren löst selbst beim Kleinkind keine schweren Vergiftungssymptome aus. 

  • Mehr als leichte Magen-Darm-Beschwerden sind nicht zu befürchten.
  • Eine Pflanzenidentifikation ist nicht dringend nötig.


Keine Regel ohne Ausnahme: «Rote Zaunrübe» (Bryonia dioica)


Bryonia dioica
Bryonia dioica. Foto: Tox Info Suisse

Die rankende Kletterpflanze Bryonia ist kaum in Siedlungsgebieten zu finden und wächst typischerweise an Gehölzrändern, Hecken und Zäunen. 
Der Verzehr vereinzelter roter Beeren der Roten Zaunrübe kann zu heftigen Magen-Darm-Beschwerden mit z.T. blutigen Durchfällen führen. Verantwortlich dafür sind die enthaltenen Cucurbitacine und Lectine. Aus neuerer Zeit sind keine schweren Kindervergiftungen bekannt. 



Im Notfall mit roten Beeren:

Einnahme ≤ 5 einheimischen roten Beeren (Kinder):

  • Keine speziellen Massnahmen und keine Pflanzenidentifikation notwendig.
  • Kein Erbrechen auslösen!
  • Mund von Resten reinigen.
  • Gesicht und Hände waschen (Pflanzensaft gewisser Pflanzen kann die Haut sehr stark reizen).
  • Arztkontrolle nur dann, wenn es unerwartet zu sehr ausgeprägten Symptomen kommt.


Einnahme > 5 einheimischen roten Beeren
oder Beeren der Zaunrübe (Kinder):

  • Pflanze identifizieren.
    z.B. im Blumenladen, in der Gärtnerei oder der Apotheke

  • Nur nach Anweisung von Tox Info Suisse oder von einer Ärztin resp. einem Arzt Verabreichung von flüssiger Aktivkohle zur Giftbindung.
  • Kein Erbrechen auslösen!



Wissenswertes zur Pflanzenidentifikation


Beeren unter der Lupe
Was sind das für Beeren? Foto: ejp
  • Eindeutig identifizieren lassen sich die Pflanzen nur mit lateinischem Namen. Pflanzennamen können je nach Dialekt sehr unterschiedlich ausfallen.
  • Selbst erfahrenste Gärtner:innen können kaum anhand einer einzelnen Beere eine Pflanze genau identifizieren. Für eine Identifikation sind Bilder von Blättern, ggf. des ganzen Strauches, nötig.
  • Mittlerweile stehen gute Pflanzenidentifikations-Apps zur Verfügung. Sie ersetzen zwar keine Gärtner:innen, können aber die in Frage kommenden Pflanzen einschränken.



Schwarze Beeren können hochgiftig sein!

Nur eine Beere der Tollkirsche reicht beim Kleinkind für deutliche Symptome


Eine Pflanzenidentifikation ist bei Unfällen mit schwarzen Beeren dringend nötig, da deren Giftigkeit stark variieren kann. Zwar sind auch die meisten schwarzen Beeren nicht stark giftig, doch reicht schon eine Beere der Tollkirsche (Atropa belladonna) beim Kleinkind für deutliche Symptome. Schwere Symptome können rasch auftreten. Nur mit dem Bestimmen der Pflanze lassen sich die nötigen Erste-Hilfe-Massnahmen ableiten.

Schwarze Tollkirsche (Atropa belladonna): Charakteristisch sind die fünf Kelchlappen (Sternform), welche die 10 – 15 mm grosse schwarze Beere umgeben.

Schwarze Tollkirsche (Atropa belladonna): Charakteristisch sind die fünf Kelchlappen (Sternform), welche die 10–15 mm grosse schwarze Beere umgeben.
Atropa belladonna. Foto: Tox Info Suisse


Ihr Kind hat eine oder mehrere schwarzen Beere(n) gegessen:

  • Kontaktieren Sie Tox Info Suisse und versuchen Sie die Pflanze zu identifizieren (wenn möglich mit lateinischem Namen).


Weiterführende Informationen






aktualisiert Juni 2023