Alles in den Mund?

Meist kein Grund zur Panik!


Pinsel in den Mund
Foto: Tox Info Suisse, ejp

Eltern können ein Lied davon singen: Der neugierige Nachwuchs steckt sich alles in den Mund. Mit dem Erlernen des Krabbelns eröffnen sich für das Forscher-Baby unerkannte Welten und Möglichkeiten. Mutter und Vater haben sich dann (hoffentlich) längst das Mantra verinnerlicht: «Gefährliches gehört aus dem Weg geräumt.»



Meiste Anfragen fallen in die Alterskategorie «Kinder unter 5 Jahre»

In der oralen Phase erkunden Kinder ihre Umwelt mit dem Mund. Mit ca. eineinhalb Jahren endet diese Phase. Doch auch danach stecken sich Kinder noch alles Mögliche in den Mund. Dass Tox Info Suisse bei der Altersklasse der unter 5-jährigen Knirpse die meisten Anfragen verzeichnet (mehr dazu in den Jahresberichten), ist also nicht weiter erstaunlich.

Auch das Erkennen von Gefahren ist ein Lernprozess

Unfälle passieren. Auch das Erkennen von Gefahren müssen Kinder nebst vielem anderem erst erlernen. Zum Ziel führen das Sammeln von Erfahrungen und das spielerische Entdecken der Umwelt. Die Aufgabe der Eltern ist es, dass dies unter Einhaltung der nötigen Sicherheitsvorkehrungen im alltäglichen Umfeld möglichst gefahrlos geschieht.

Tox Info Suisse beurteilt die akute Vergiftungsgefahr im Notfall

Das Internet liefert den Eltern schnell zugängliche Informationen auch im Notfall. In der täglichen Beratung stellt Tox Info Suisse fest, dass dies oft zu einer Verunsicherung bei den Anrufenden führt. Reisst man Worte wie «schädlich, krebserzeugend, lebensbedrohlich …» aus dem Zusammenhang, führt das manchmal gar zu Panik. In relativ harmlosen Situationen greifen so stark verunsicherte Eltern in falschem Aktionismus zu unnötigen oder gar gefährlichen Massnahmen. Mütter stecken ihrem Kind den Finger in den Hals, Väter bringen es zum Erbrechen mit rohen Eiern oder geben ihm Salzlösung zum Trinken. Tox Info Suisse rät gänzlich von Brechversuchen ab. Im schlimmsten Fall führen solche Versuche zu einer Schädigung aus einer ursprünglich ungefährlichen Situation heraus.
 
Kontaktieren Sie Tox Info Suisse, wenn Sie unsicher sind!


Folgende Produkte, nach denen wir in unserer täglichen Beratung oft gefragt werden, sind ungiftig (nebst vielen anderen):


«Keine Panik»-Liste von Tox Info Suisse


Hier müssen Sie keine Vergiftungen befürchten, lesen Sie aber den Abschnitt «Keine Liste ohne Wenn und Aber».

  • Augenschminke (Kajal, Eyeliner, Lidschatten …)
  • Babycrème (Wundcrème)
  • Beissringe (Spielwaren für Babys)
  • Blähton
  • Bleistift (-minen)
  • Blumenerde
  • Blumenvasenwasser
  • Buntstift
  • Crème (Gesichtscrème, Bodylotion des täglichen Gebrauchs ohne medikamentöse Zusätze)
  • Farben (Acrylfarbe, Bunt-, Filz-, Wachsmal- und Glitzerstifte, Wassermalfarbe, Fingerfarbe, Wachsmalfarbe usw.)
  • Gummi (Knetgummi, Radiergummi)
  • Karton
  • Kaugummi (gilt nicht für Nikotinkaugummis; zuckerfreie Kaugummis können Xylit enthalten, welches für gewisse Tiere wie z.B. den Hund giftig ist.
  • Kerze (-nwachs)
  • Kot
  • Kreide (Wandtafelkreide, Strassenkreide)
  • Kugelschreiber
  • Lebensmittelfarben (Ostereierfarbe)
  • Lippenpflege (Lippenstift, Lippenpflegestift)
  • Papier (Zeitungspapier, Zeichnungspapier usw.)
  • Plastik (Spielzeug aus Plastik wie Legosteine, Playmobil usw.)
  • Play-Mais (Kinderspielzeug aus Maisstärke)
  • Schnittblumennahrung (Zucker wie Saccharose, Glucose)
  • Styropor
  • Tierfutter (Hunde-, Katzen- und Vogelfutter)
  • Trocknungsmittel (Silikagel)
  • Ungewaschene Früchte (egal, ob aus biologischem Anbau oder nicht)
  • Verpackungsmaterialrückstände an Esswaren
  • Verpackungspellets (i.d.R. aus Styropor, Maisstärke oder Karton)
  • Zündholzköpfchen

 

Es ist keine Vergiftung zu erwarten!


Die Produkte führen bei versehentlicher Einnahme maximal zu leichten Magen-Darm-Beschwerden.


Mögliche Massnahmen:

  • Mund/Haut reinigen und spülen.
  • 1 – 2 dl klare, fettfreie Flüssigkeit trinken (lassen).
    z.B. Wasser, Sirup oder Tee
  • Kein Erbrechen herbeiführen.


    Arztkontrolle:

    • Bei Anzeichen eines Fremdkörperproblems (z.B. Atemnot, Schluckbeschwerden …) sofort und notfalls mit der Ambulanz.
    • Bei sehr ausgeprägten Magen-Darm-Beschwerden.



    Keine Liste ohne Wenn und Aber

    Paracelsus wusste schon: «Die Menge macht das Gift»


    Schleckt sich Klein-Picasso die Fingermalfarbe von den Fingern, ist das eine harmlose Situation. Zu fünf Töpfen Fingermalfarbe zum Zvieri werden es Eltern und Erziehungsberechtigte kaum je kommen lassen. Da wären ausgeprägtere Magen-Darm-Beschwerden aber schon recht wahrscheinlich.

    Kinder brauchen alle Sinne. Das Probiererli der Pinselfarbe ist harmlos.
    Bastelchaos. Foto: Tox Info Suisse

    Stecken bleiben in Speiseröhre oder in den Atemwegen

    Die oben genannten Produkte sind ungiftig. Doch einige dieser Produkte können in der Speiseröhre stecken bleiben oder in die Luftröhre und die Atemwege gelangen. Schlimmstenfalls bekommt ein Baby oder Kleinkind dann keine Luft mehr. Verständigen Sie die Ambulanz.

    Nicht immer handelt es sich um eine Vergiftung: Parasiten, Infektionen und Würmer

    Eltern schaudert es beim Gedanken, wie sich ihr süsses Baby über Katzenkot hermacht. Babys und Kleinkinder kennen noch keinen Ekel und gegriffen wird nach dem, was in Reichweite ist. Kot ist ungiftig. Magen-Darm-Infektionen sowie die Übertragung von Parasiten sind jedoch möglich. Warten Sie den Verlauf ab. Eine Arztkontrolle sollte dann erfolgen, wenn die Magen-Darm-Probleme sehr ausgeprägt sind und ein grosser Flüssigkeitsverlust droht.

    In den Medien steht aber «krebserregend»

    «Krebserregende Spuren in Mal- und Bastelartikel festgestellt», hat die Mutter im Internet gelesen. Besorgt möchte sie wissen, ob ihr Kind bedenkenlos mit den Malstiften werkeln darf. Warnungen von offizieller Seite her wie z.B. den kantonalen Laboratorien sollen gemäss Tox Info Suisse ernst genommen werden. Im konkreten Fall würde Tox Info Suisse davon abraten, das Kind mit den Bastelmaterialien spielen zu lassen. Die Beurteilung des individuellen Risikos bleibt jedoch schwierig und ist Aufgabe von anderen Institutionen als Tox Info Suisse. 
    Tox Info Suisse kann v.a. Aussagen zur akuten Vergiftungsgefahr machen. Daraus leiten wir Empfehlungen für Sofortmassnahmen ab. Wenn dieselbe Mutter danach fragt, ob sie ihr Kind sofort ins Spital bringen müsse, weil es etwas von den oben beschriebenen Farben verschluckt hat, gibt Tox Info Suisse Entwarnung. Es sind keine Massnahmen nötig.


    Vorbeugen ist besser!


    So schützen Sie Babys und Kinder vor (Vergiftungs-)Unfällen:
    • Müssen Sie das Zimmer auch nur für einen kurzen Augenblick verlassen, bringen Sie Ihr Kind an einen sicheren Ort (z.B. in ein Laufgitter).
    • Überprüfen Sie Spielzeug nach Kriterien wie Prüfsiegel, zugelassenes Alter und leicht abzureissende oder lose Teile.
    • Verzichten Sie auf unnötig herumstehende Produkte wie Duftlampen, Raumbedufter, WC-Beckensteine/WC-Discs oder Ähnliches im Haushalt mit Kleinkindern.
    • Achten Sie auf eine kindersichere Aufbewahrung! Räumen Sie alles immer sofort wieder weg und verwahren Sie es sicher. Empfohlen wird eine Aufbewahrung höher als 160 cm und in abgeschlossenen Schränken.
    • Kennen Sie die Namen der Pflanzen in Ihrem Zuhause und Ihrem Garten. Geben Sie giftige Pflanzen weiter oder stellen Sie sie zumindest an Orte, welche für Ihre Kinder unzugänglich sind.






    aktualisiert März 2023