Anzündhilfen oder Grillanzünder werden zum Anzünden von Grillholzkohle oder Grill-Holzkohlebriketts in Grillgeräten verwendet. Auch beim «Brätel-Ausflug» verhelfen sie zur raschen Glut, etwa dann, wenn trockener Zunder Mangelware und das Feuerholz noch etwas feucht ist.
Es gibt sie in fester, flüssiger, dickflüssiger oder gelartiger Form im Handel. Sie sollen sauber, geruchlos und rückstandsfrei verbrennen. Für welche Methode sich die Grillmeister:innen entscheiden, bleibt ganz ihnen überlassen. Doch was passiert, wenn die Kinderhand nach dem Anzündwürfel greift in Erwartung auf ein leckeres Marshmallow? Grillfreudige ihren Durst mit einem kräftigen Schluck der Anzündflüssigkeit löschen, die sie für ihr Bier halten (Fälle aus der Vergiftungsberatung von Tox Info Suisse)?
Anzündhilfen, ein Spiel mit dem Feuer?
Das war aber kein Marshmallow und nicht mein Bier!
Feste Anzündprodukte sind sicherer
Bei den festen Anzündhilfen handelt es sich oft um (Press–)Würfel auf Paraffinbasis oder um feste Trägerstoffe (z.B. Holz, gepresstes Sägemehl), an welche Flüssigkeiten wie Paraffin oder Kerosin gebunden sind. In «ökologischen» Produkten wird häufig Rapsöl (Canola oil) verwendet. Diese Produkte sind nicht kennzeichnungspflichtig und damit nicht als gefährlich eingestuft.
Im Notfall: Nach Verschlucken von Teilen eines Anzündwürfels
- Mund von Resten reinigen.
- 1 – 2 dl fettfreie Flüssigkeit trinken.
- KEIN Erbrechen auslösen!
Ärztliche Kontrolle
- Bei Anzeichen eines Fremdkörperproblems (z.B. Atemnot).
- Bei ausgeprägten Magen-Darm-Beschwerden mit mehrfachem Erbrechen sowie starkem Durchfall.
Anzündwürfel: keine grosse Gefahr beim Knabbern
Nur selten kommt es zu Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen und Erbrechen. Schwere Vergiftungsfälle mit festen Anzündhilfen sind Tox Info Suisse keine bekannt. Mechanische Symptome sind aber beim Steckenbleiben grösserer Stücke denkbar (Fremdkörper), weshalb auch bei diesen Produkten die Lagerung am besten ausser Reichweite von Kindern erfolgen sollte.
Flüssige Grillanzünder
Handelsübliche flüssige Grillanzünder enthalten leichtflüchtige Kohlenwasserstoffe (z.B. Petroldestillate, aliphatische Hydrocarbone) oder paraffinhaltige Öle. Ein Schluck davon bewirkt häufig eine Reizung der Schleimhäute. Brennen in Mund und Rachen, Übelkeit und Magen-Darm-Beschwerden wie Erbrechen und Durchfall können die Folge sein. Hartnäckiges Aufstossen ist zudem häufig.
Viel schwerwiegender sind die Symptome jedoch, wenn die leichtflüchtigen Kohlenwasserstoffe über die Atemwege in die Lunge eindringen (Aspiration).
Hauptgefahr ist die Aspiration, durch die es zu einer schweren bis tödlichen Schädigung der Atemwege kommen kann
H304 Kann bei Verschlucken und Eindringen in die Atemwege tödlich sein. Die Aspirationsgefahr ist den chemischen Eigenschaften der Petroldestillate geschuldet wie etwa der niedrigen Viskosität (hohe Fliessfähigkeit) und leichter Flüchtigkeit. Werden Petroldestillate in den Mund genommen oder verschluckt, reicht bereits eine kleine Menge für eine schwere Lungenschädigung.
Symptome sind unaufhörliches Husten und Atemnot. Schwere und tödliche Verläufe mit Petroldestillaten sind leider bekannt. Gefahrensymbole wie oben können darauf hinweisen, sind jedoch nicht immer vorhanden. Da Erbrechen die Aspirationsgefahr gar noch verstärkt, muss dringend von sämtlichen Brechversuchen wie etwa mit der «Finger-in-den-Hals-Methode» abgeraten werden.
Im Notfall: nach Verschlucken von Anzündflüssigkeit
- KEIN Erbrechen auslösen.
- Mund ausspülen.
- 1 – 2 dl fettfreie Flüssigkeit (Tee, Wasser, Sirup) trinken.
Ärztliche Kontrolle
- Bei Zeichen der Aspiration wie anhaltendem Husten mit Atemnot sofortige Arztkontrolle, ggf. Rettungssanität aufbieten (Notruf 144).
- Bei starken Magen-Darm-Beschwerden mit mehrfachem Erbrechen oder starkem Durchfall.
Finger weg von Brandbeschleunigern!
Brennsprit besteht aus hochprozentigem Ethanol (Alkohol). Er kommt etwa als Brennstoff bei Rechauds (Fondue) zum Einsatz. Benzin ist ein Kohlenwasserstoffgemisch. Verwendet man einen Brandbeschleuniger wie Brennsprit oder Benzin aus gefährlichem Unwissen hinaus beim Grillieren, sind explosionsartige Brände, gefährliche Verpuffungen, meterhohe Stichflammen und lebensgefährliche Verbrennungen möglich. Schwere Unfälle kommen leider immer wieder vor.
Weitere Informationen
Weitere Artikel zum Thema Grillieren:
Siehe «Tox Blog» Grillieren mit Holzkohle: Nicht in Innenräumen! (Gefahr einer Kohlenmonoxid-Vergiftung)
Siehe «Tox Blog» Verätzungen durch Grill- und Backofenreiniger
- Verwenden Sie wenn möglich feste Anzündprodukte.
- Verwenden Sie nur handelsübliche Anzündhilfen und befolgen Sie die Sicherheitshinweise.
- Falls Sie flüssige Anzündhilfen gebrauchen, verschliessen Sie diese nach Gebrauch sofort und bewahren Sie diese für Kinder unerreichbar auf – auch während des Grillierens!
- Grillanzündflüssigkeiten nie ins offene Feuer oder in die Glut schütten oder spritzen! Nicht in der Nähe des offenen Feuers stehen lassen.
- Niemals flüssige Brandbeschleuniger wie Brennsprit oder Benzin verwenden – weder zum Anzünden noch zum Nachschütten (Gefahr von Stichflammen).
- Grillieren Sie nur im Freien – auch wenn es regnet! (Gefahr einer Kohlenmonoxidvergiftung).
- Grill niemals zum Auskühlen ins Haus stellen (Gefahr einer Kohlenmonoxidvergiftung).
- Lagern Sie chemische Produkte immer ausserhalb der Reichweite von Kindern (empfohlene Aufbewahrung höher als 160 cm und in abgeschlossenen Schränken).
- Prüfen Sie, ob bei Produkten mit Aspirationsgefahr ein kindersicherer Verschluss vorhanden ist.
- Achten Sie vor Gebrauch stets auf das Gefahrensymbol auf der Etikette und lesen und befolgen Sie die Sicherheits- und Gebrauchshinweise.
- Flüssige Grillanzünder in Originalverpackung aufbewahren, niemals in Getränkeflaschen oder andere Gefässe umfüllen, auch nicht mit entsprechender Beschriftung (Verwechslungsgefahr).
aktualisiert April 2023